Erster rheinland-pfälzischer Schweregrundnetzpunkt am Standort des LVermGeo in Koblenz

Bundesamt für Kartographie und Geodäsie bestimmt Schwere des Punktes mit höchster Genauigkeit
v.l.n.r. Matthias Cieslack (zuständig für Schweremessung im LVermGeo), Alexander Lothhammer (BKG), Präsident Dr.-Ing. Jörg Kurpjuhn
v.l.n.r. Alice Metzdorf, Bastian Wiesenmayer (BKG), Alexander Lothhammer (BKG), Matthias Cieslack, Dr. Jörg Kurpjuhn, Heinz Simons, Malte Retterath

In Deutschland gibt es aktuell 34 Punkte im seit 1957 bestehenden und ständig weiterentwickelten Deutschen Schweregrundnetz (DSGN). Keiner davon lag bisher in Rheinland-Pfalz. Dies soll sich nun ändern. In dem seit 2015 beim Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz (LVermGeo) in Koblenz betriebenen Gravimetrie-Prüfraum findet vom 10. bis 12. Juli 2024 die zweite Messung mit einem FG5-Absolutgravimeter (Freifall-Gravimeter) statt.

Die physikalische Messgröße „Schwerebeschleunigung“, auch allgemein als Schwere bekannt, ist eine wichtige Informationsquelle nicht nur in der Geodäsie. Ob bei der hochgenauen Bestimmung von amtlichen Gebrauchshöhen mittels globaler Navigationssatellitensysteme (GNSS) oder beim Monitoring von Massenverlagerungen im System Erde aufgrund von Umweltveränderungen - überall nutzt man „Schweremessungen“. Um all diese Anwendungen nachhaltig zu sichern, müssen die Schweremessungen auf einer abgestimmten, einheitlichen und langfristig stabilen Grundlage beruhen, dem Deutschen Schweregrundnetz (DSGN).

Für die Messung bauen Dipl.-Ing. Alexander Lothhammer und Bastian Wiesenmayer vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) das transportable FG-5 auf einen massiven und vom Fundament entkoppelten Schweremesspfeiler auf, prüfen das Instrumentarium und starten die Messung. Alexander Lothhammer kennt sich aus. Bereits bei der ersten Messung mit einem FG-5 im Mai 2017 auf diesem Pfeiler wurde der Schwerewert mit einer Genauigkeit von 3 µGal von ihm bestimmt.

Zur Erinnerung: 1µGal = 0,001 mGal = 0,000001 Gal = 0,00000001 m/s² sind etwa ein milliardster Teil der durchschnittlichen Erdbeschleunigung von 9,81 m/s² ~ 10 m/s². Die Sensibilität des Messsystems ist dabei so hoch, dass bereits durch die Masse eines sich in der unmittelbaren Nähe befindlichen Beobachters die Messung um 1 bis 2 µGal beeinflusst werden kann.

Das vom BKG betriebene Schweregrundnetz ist ein wissenschaftliches Netz, das als Referenz für das Deutsche Hauptschwerenetz 2016 (DHSN2016) dient. Für dieses amtliche Netz wiederum sind die einzelnen Bundesländer zuständig. Damit lassen sich alle Schwerewerte in Deutschland letztlich direkt oder indirekt wieder auf dieses Netz zurückführen. Dementsprechend groß sind auch die Anforderungen an die für DSGN-Punkte ausgewählten Standorte.

Für den zukünftigen DSGN-Punkt Koblenz mit der Nummer 41 sind die Voraussetzungen gut. Der Punkt wird seit etwa 9 Jahren beobachtet und für Messungen in Rheinland-Pfalz als hochpräziser Anschlusspunkt intensiv genutzt. Der Pfeiler ist massiv und der Raum klimatisiert. Nur die Seismik durch die viel befahrene Bundesstraße B9 könnte die Messung stören. Um dies zu kompensieren, werden die Absolutschweremessungen auch in der Nacht durchgeführt.

Ob letztlich der Schwerewert von 2017 bestätigt werden kann, bleibt abzuwarten. Erst mit der nachträglichen finalen Auswertung lässt sich die Schwere-Stabilität des Punktes hoffentlich bestätigen.

Für das LVermGeo ist der DSGN-Punkt ein Gewinn. DSGN-Punkte werden vom BKG in einem 10-Jahres Turnus regelmäßig überwacht, um die Qualität der Punkte zu prüfen und Schwerezeitreihen abzuleiten. Auch ist dieser Punkt seit 2022 Bestandteil der neuen Gravimeterkalibrierbasis Rheinland-Pfalz (GKB).

Auf dieser GKB werden die beiden modernen Relativgravimeter des LVermGeo jährlich geprüft und kalibriert.

Da mit diesen Gravimetern ab 2026 das rheinland-pfälzische DHSN neu gemessen werden soll, ist der DSGN-Punkt in Koblenz in vielerlei Hinsicht ein zentraler Baustein für die aktuelle und zukünftige Schweremessung in Rheinland-Pfalz.

„Damit ist das LVermGeo bestens gerüstet, um auch zukünftig die hohen Anforderungen im Bereich der Bestimmung des Erdschwerefeldes, wie z.B. die Detektion von zeitlichen Schwereänderungen, erfolgreich zu bewältigen.“ so Dr.-Ing. Jörg Kurpjuhn, Präsident des LVermGeo, dem Alexander Lothhammer den Messaufbau und die Funktionsweise des FG5-Absolutgravimeter (Freifall-Gravimeter) erläuterte.

Weitere Informationen und Hintergründe zur Schwermessung finden Sie unter https://lvermgeo.rlp.de/ueber-uns/unsere-aufgaben/vermessungstechnischer-raumbezug/festpunkte. Lesen Sie dazu auch den Artikel Den Schwerewert beim LVermGeo Rheinland-Pfalz mit höchster Präzision bestimmt vom Mai 2017.

Wie wichtig die Schweremessung für Aussagen über die Folgen der Klimaerwärmung ist, berichtet das BKG in seinem Artikel „Schwere messen zwischen Atlantik und Anden - Eine Reise durch Patagonien mit dem Absolutgravimeter“.

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